Phasen von Cyberstalking-Opfern

Es gibt mehrere psychische Phasen, das ein Stalking-Opfer durchläuft. Ich teile diese anhand meiner “Erfahrung” in acht Phasen ein und ich hoffe, dass ich Ihnen vermitteln kann, wie gravierend sich ihr bisheriges Leben zum Negativen verändern wird.

Phase 1:

Stößt man das erste Mal auf diese Stalkingseiten, dann liest man gebannt, sprach- und ratlos. Man starrt auf die Postings, liest sie immer und immer wieder und versteht rein gar nichts. Man fragt sich, ob es sich wirklich und tatsächlich um „mich“ handelt. Eine gewisse Übelkeit macht sich breit, man bekommt Kopfschmerzen und Schweißausbrüche. Der Puls klopft in den Ohren und vielleicht weint man. An tiefen, erholsamen und traumlosen Schlaf ist seit dem Tag „X“ nicht mehr zu denken.

Phase 2:

Löst sich die anfängliche Ohnmacht, dann versucht man, mit dem Forenbetreiber in Kontakt zu treten und ihn zu bitten, die Postings zu löschen. Aber welche Möglichkeiten hat man denn, wenn es im Impressum keinen Namen gibt, sondern nur einen höhnischen Kommentar? Man erkundigt sich und erfährt, dass es einen Provider gibt, der die Daten herausgeben muß. Aber welche Möglichkeiten hat man denn, wenn der Provider Alatron heißt, sich in der Türkei befindet und mit Karaboga eng zusammenarbeitet? Karaboga wirbt damit, dass Straftaten, Internetkriminalität und Hetzseiten bei ihm in besten Händen sind und keine Behörde Auskunft bekommt. Und wenn das doch einmal der Fall sein sollte, erhalten die Behörden Adressen aus China und Somalia.

Phase 3:

Man beginnt, nächtelang über mehrere Monate bei google nach Schlagwörtern zu suchen. Eventuell findet man auch Spuren bei Flirtlines oder in Gothikforen. Aber diese Spuren sind nicht auswertbar, weil zu alt oder zu ungenau. Entsetzt verfolgt man die weitere Entwicklung des Stalkingforums und zweifelt an seinem Verstand. Erst jetzt begreift man, dass diese Stalker weitermachen. Es waren nicht nur ein paar Postings, sondern man ist zur Zielscheibe geworden. Und endlich entdeckt man auch das google-ranking, wenn man den eigenen Namen, eingibt. Und wieder steigt diese Übelkeit auf und die schlimmen Kopfschmerzen lassen auch nicht lange auf sich warten. Vielleicht weint man wieder und ist einfach nur traurig, dass das nicht aufhört. Knallhart wird einem klar, dass ab sofort die Familienangehörigen, Freunde, Bekannte, Kunden und auch Unbekannte diesen Schund lesen können, wenn sie im Internet nach einem suchen.

Phase 4:

Man überlegt, dass jetzt nur noch der Weg zur Polizei bleibt. Ja genau, die müssen einem doch helfen können. Man vereinbart einen Termin und spricht vor. So große Augen und so einen offenen Mund habe ich bei einem Beamten noch nie gesehen! Ich habe mich von Pontius zu Pilatus durchgefragt und bin letztendlich an den „kompetenten Beamten für Internetkriminalität“ verwiesen worden.  „Aber hier sind sie völlig falsch. Ich bin der Beauftragte für Gewalt an Frauen.“ Und dann kam die Antwort, die ich nie wieder vergessen werde: „Bitte lesen Sie dort nicht mehr.“ Aber man gibt nicht auf. Man kontaktiert Polizeireviere in ganz Bayern wie z.B. in München in der Effnerstraße. Schon im Vorfeld wird man von der Telefonistin mit den Worten „wir sind nicht für Sie zuständig“ abgewiesen. Hilflos, alleingelassen und total frustriert zieht man sich nun in „sein Kämmerlein“ zurück. Vielleicht fängt man wieder mit dem Rauchen an oder genehmigt sich einen Drink, was man vorher nie getan hat.

Phase 5:

Jetzt erwacht der Trotz und die Wut auf diese Stalker! Man läßt sich verleiten und antwortet auf die Stalkingpostings. Man packt in diese Worte die ganze Verzweiflung der letzten Monate / Jahre. Man schreit hinaus, dass diese Bande auf dem besten Weg ist, „mein“ Leben, „meine“ Existenz und „meine“ Gesundheit zu zerstören. Man möchte einfach nur erreichen, dass das endlich aufhört. Aber was erreicht man mit diesem Vorgehen? Nichts, absolut nich

ts! Im Gegenteil es werden gerade jetzt noch mehr Blogs hochgeladen, noch mehr Unwahrheiten und Verleumdungen verbreitet in der Absicht einem den Rest zu geben. Die Cyberstalker interpretieren in jedes ihrer verzweifelten Ausbrüche Schuld und Bestätigung, dass sie korrekt und richtig handeln. Jedes Wort wird von den Stalkern so ausgelegt, dass es in ihr Stalkingschema passt. Es interessiert die Cyberstalker nicht im geringsten, ob man verzweifelt ist, ob man Kinder hat, ob man um seine Existenz bangt. Es ist für die Stalker ein Sport und ein Spaß. Es ist die Sucht nach Macht über andere. Es werden die Familie – vor allem die Kinder – und andere Unschuldige mithineingezogen. Vielleicht weint man wieder, vielleicht sogar richtig heftig, vielleicht raucht man wieder eine oder man schenkt sich einen ein, um zu vergessen und um endlich mal schlafen zu können.

Phase 6:

Man konzentriert sich, liest endlich einmal intensiv und entdeckt, dass auch andere Personen gestalkt werden. Man setzt sich mit diesen Personen per Mail oder Telefonat in Verbindung. Man trifft sich und tauscht sich aus. „Die“ wissen was, was ich noch nicht weiß. Dafür weiß ich etwas, was „die“ noch nicht wissen. Ein kleiner Erfolg. Man ist sich einig, dass wir ohne Hilfe nicht weiterkommen. Ein Journalist einer renommierten Zeitung sucht „Stalkingopfer“. Wollen wir diesen Weg gehen? Ja, wir wollen. Egal, was kommt, wir haben nichts mehr zu verlieren – siehe

http://www.zeit.de/2009/53/Internetmobbing?page=all

Phase 7:

Die Veröffentlichung der Recherchen des Journalisten war tatsächlich ein Erfolg! An dem Tag, wo der Artikel publiziert wurde, brach der Server fast zusammen. Neben mitfühlenden Menschen brachten sich aber auch die Cyberstalker mit ein und beleidigten und bedrohten den Journalisten Jörg Burger. Der Redaktion blieb keine andere Wahl, als die Kommentarfunktion nur einige Stunden nach der Veröffentlichung zu deaktivieren. Am gleichen Tag brach die Hölle los im Forum der Cyberstalker und die Anschuldigungen wurden noch massiver, gemeiner und vernichtender.

Phase 8:

Ob wir die Phase 8 bereits erreicht haben, kann man so pauschal nicht beantworten. Vielleicht gibt es doch noch eine Phase 9. Ich würde den Istzustand eher als eine “Interims-Lösung” beschreiben. Es gibt Opfer unter uns, die nach wie vor nächtelang am PC sitzen und lesen und suchen und verzweifeln an dem, was mit ihrer Person im Netz passiert. Für die gibt es weder Sonne noch Jahreszeiten. Es gibt aber auch Opfer, die ihr Leben neu geordnet haben. Die können sogar wieder lachen und Spass am Leben haben. Allerdings hört der Spass in dem Moment auf, wenn man seinen eigenen Namen googelt. Aber man kämpft sich zurück ins Leben und weiß mittlerweile, wie man reagieren muss, wenn man darauf angesprochen wird und die Frage kommt – “Du, ich habe da was komisches im Internet über dich gefunden……”.

Cyberstalking an einem Opfer ist ein Lebenswerk nicht nur für die eigene Person, sondern auch für unschuldige Familienmitglieder, Freunde und Bekannte, die von den Verbrechern recherchiert und mit einem in Verbindung gebracht wurden. Ein verdammt langes Leben und darüber hinaus wird man im Internet niedergemacht, verleumdet, denunziert, beleidigt, beschuldigt uvm. Auch Enkel- und Urenkelkinder werden diese Verleumdungen noch lesen. Cyberstalking ist ein qualvoller langsamer Tod des eigenen Ichs im “WorldWideWeb”. Es ist besser, dass sich Betroffene, die vom Ausland gestalked werden, mit diesem Gedanken auseinandersetzen und sogar anfreunden (müssen). Sie müssen den Tatsachen ins Auge sehen und es gibt absolut nichts, was Sie tun können. Sie können sich lediglich mit der Istsituation arrangieren und ihr Leben entsprechend anpassen. Die Hoffnung allerdings, stirbt zuletzt. Geben Sie nie auf, darauf zu hoffen, dass der Feind einen Fehler macht. Wenn man in der Hoheitsposition sitzt, wird man übermütig und leichtfertig. Auch wenn es Jahre dauert, geben Sie ihre Hoffnung nicht auf. Geben Sie sich nicht auf!

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